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#beA – keine Auferstehung vor Pfingsten

beA

Nicht ganz unerwartet ist beA vor fast fünf Monaten von uns gegangen. Sie erinnern sich, es war kurz vor Weihnachten, dem Fest der Liebe. Aber gerade daran mangelte es ihr wohl, an Liebe. Die meisten Anwälte waren ja froh, dass sie sich nach diesem Überlebenskampf nun gerade noch rechtzeitig der besinnlichen Zeit hingeben konnten. Der letzte Schock, dass man sich als Anwalt selbst mit Sicherheitslücken und De-Installationsanweisungen abgeben sollte, saß der Anwaltschaft noch in den Knochen. Obwohl, in den meisten Fällen hat man die an einem Freitagabend von der BRAK eingehende E-Mail mit dem Betreff: „So deinstallieren Sie die Client Security des beA“ natürlich an die zuständige Rechtsanwaltsfachangestellte der Kanzlei weitergeleitet. Sie hatte ja schließlich auch diese beA-Karten bestellt. Natürlich hat man die Kanzleiangestellte kurz vor 20:00 Uhr telefonisch zu Hause darüber informiert, dass das dringlich ist, weil da mit Sicherheit eine Sicherheitslücke sei. So, damit wäre diese leidige Sache wohl erst einmal aus der Welt.

Aber bei Eintritt eines Todesfalls fängt das Dilemma bekanntlich ja erst an, wer weiß das besser als ein Anwalt. Hunderte Fragen und Probleme tun sich auf, Dinge müssen besprochen und geregelt werden, nicht zuletzt das Erbe. Gibt es denn einen Nachlass oder war beA schon verschuldet? Es melden sich Betroffene und Beteiligte, auch solche, die man vorher gar nicht auf der Agenda hatte. Aber zunächst muss ja erst einmal die Todesursache festgestellt werden, handelt es sich gar um Mord? Hat Atos die Sache verpfuscht? Wer hat denn diese Entwickler überhaupt beauftragt und wie wurde der Auftrag vergeben? Der Ruf nach Aufklärung wird laut, verstummt aber im Anwaltsuniversum fast unerhört.

Watson braucht Sherlock

Ach Sherlock, wärst doch auch du, zusammen mit deinem alten Freund Watson, auferstanden und könntest mit deiner Gabe der Deduktion Licht ins Dunkel bringen. Watson beschäftigt sich den ganzen Tag mit Essen, kann nicht genug Daten in sich hineinschaufeln und die Anwälte müssen sich allein mit dem Fall beA abmühen. Der Fall lässt übrigens einmal mehr zutage treten, wie tief die Anwaltschaft gespalten ist. Während die einen sich in ihrer Kammer mit einem simplen Postfach abmühen und dann auch noch stolz im Geburtsnamen verkünden, dass es etwas ganz besonders sei, düsen die anderen von einer Legal Tech Konferenz zur anderen und verkünden das Ende der menschlichen Intelligenz. Nein, anders rum, sie prophezeien den Sieg der Künstlichen Intelligenz. Egal, ein bisschen mehr Intelligenz könnte dieser Welt ja nicht schaden. Schön wäre, wenn sich die Anwaltschaft mal gemeinsam um die Zukunft des Rechtsmarktes bemühen würde. Das würde übrigens auch das Nachwuchsproblem im ReNo-Bereich lösen helfen, aber das ist eine andere Geschichte.

Grabenkämpfe

In den Kammern der Länder bebt es und in der BRAK rumpelt es gehörig. Es gibt Rücktrittsforderungen und Forderungen anstehende Entlastungen der Verantwortlichen zu verhindern. Es gibt Kammerversammlungen, in denen das Licht ausgeschaltet und der Saal geräumt wird, wenn die „Zeit abgelaufen ist“. Einige prominente Anwälte sammeln jetzt sogar Geld für eine Klage gegen die BRAK und bedienen sich dabei wie selbstverständlich ganz neumodischer Dinge wie Crowdfunding. Vielleicht ist es ja das stille Vermächtnis von beA, dass der tiefe Graben zwischen Allgemeinanwalt und Wirtschaftskanzlei nun etwas zugeschüttet wird. Vielleicht siegt ja die Erkenntnis, dass die Digitalisierung keine Grenzen kennt. Letztlich sitzen am Ende alle Anwälte doch in der gleichen Kammer.

Da wächst kein Gras drüber

Aber zurück zu beA. BeA muss ja nun endlich ein anständiges Begräbnis bekommen. Aber auch hier kann man sich nicht einigen. Während die einen die sterblichen Reste unter der Erde verscharren möchten, um den Prozess der inneren Fäulnis schnellst möglich abzuschließen und Gras über die Sache wachsen zu lassen, fordern die anderen eine Windbestattung. Die Asche soll in alle Winde verstreut werden. Das heißt dann „open source“ und beinhaltet die Veröffentlichung des Quellcodes dieses unsäglichen Programms. Die Befürworter werben für diese Methode mit einer höheren Sicherheit. Ich befürchte allerdings, diesen Gedankengang, dass etwas sicherer wird, wenn man es öffentlich macht, können Anwälte von Berufswegen nicht nachvollziehen. Und ob die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung das Ende vom Lied ist, weiß auch keiner so genau. Zwischenzeitlich ist dann auch mal das Rechtsanwaltsregister (BRAV) offline, nachdem dieser Golem wieder eine Sicherheitslücke entdeckt hat, die die BRAK dann auch nicht länger verschweigen kann.

Glauben Sie an Auferstehung?

Trotzdem glauben einige noch an beA´s Auferstehung. So wie in einem der vielen schönen Märchen der Gebrüder Grimm, die zur Weihnachtszeit über den Flatscreen flimmern. Von Ferne kommt dann ein mutiger Prinz auf einem weißen Pferd, löst drei knifflige Rätsel, besteht noch drei tollkühne Mutproben, zerschlägt die Dornenhecke mit dem Schwert seines Vaters und küsst beA wach. Sie lächelt ihn an, schöner und reifer als je zuvor. Morgen ist Hochzeit im Königreich der Anwälte. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann streiten sie noch heut…

P.S. Kürzlich hat mich eine Rechtsanwaltsfachangestellte gebeten, sie nur in Kanzleien zu vermitteln, die nicht mit beA arbeiten. Nichts leichter als das!

 

+++BEA ist tot+++Maschinen werden abgeschaltet+++

Anwaltsassistenz Corporate

Die alarmierende und ebenso traurige Nachricht erreichte uns gestern nach einem #beAthon. Unsere beA ist in ihrer Kammer verstorben. Ihre Betreuer haben sich nach Erscheinen eines Golems dazu entschieden, die lebenserhaltenden Maßnahmen zu beenden und die Maschinen abzuschalten. Unsere beA ist langsam, doch fast unbemerkt und unter Ausschluss der Öffentlichkeit eingeschlafen. Bis zuletzt haben ihre Erzeuger mit Nachdruck behauptet, sie sei zu retten und eigentlich gesund. Dabei deutete bereits ihre komplizierte Geburt, es war eine Risikogeburt, schon auf ein schwächelndes Kind hin. Sie stecke zu lange im Geburtskanal und erblickte nicht ohne Nachdruck, de facto als Zangengeburt, das Licht des Anwalt§universums.

Dabei hatte sie durchaus eine üppige Ausstattung erhalten. Mehr als 160.000 Patenonkel und Patentanten sorgten schon vor der Geburt für den digitalen Nachwuchs. Obwohl es kein Wunschkind war, mussten sie ihr ja alles anvertrauen und sie zeitlebens in ihre Geschäftsgeheimnisse einweihen. Landesweit wurden Gruppen gebildet und Lehrer bemühten sich jeden sorgfältig auf sie vorzubereiten, ihm beizubringen wie er mit der sensiblen beA umzugehen habe.
Von Beginn an war beA ein Schlüsselkind. Was für ein Vertrauensvorschuss!  Sie bekam Lesegeräte und Schlüsselkarten. Die digitalen Dienstleister des Landes trafen Vorkehrungen und entwickelten Lösungen, um mit beA zu kommunizieren, aber alles umsonst. Sie hat es nicht einmal versucht.

Kurz vor Weihnachten war beA im Club. Schon der Name: Chaos Computer Club ließ nichts Gutes erahnen. Ihre Erzeuger und Betreuer wurden sofort stutzig. Das konnte ja nicht gut gehen, wenn sich so ein junges Ding mit Hackern rumtreibt und noch dazu in Darmstadt. Und siehe da, es gab Krach. Schon die Herren an der Tür meinten, beA wäre ein Sicherheitsrisiko. Markus sagte freundlich, aber nachdrücklich: beA kommt hier nicht rein. Nicht mit diesem durchsichtigen Fummel und Löchern in den Jeans. Ihre Erzeuger und Kammerdiener stellten sich schützend vor beA und drohten mit rechtlichen Konsequenzen. Aber es war zu spät, beA war nun im Visier der Datenschützer. Man hat ihr die Schlüssel weggenommen, beA wurde zum Sicherheitsrisiko. Nur ein einziger Clubbesuch und gleich so ein Desaster! Bea weinte bitterlich.

Ihre Betreuer gaben ihr einen neuen Schlüssel, der die Sache noch schlimmer machte.Ihre Paten schimpften und bereuten den Vertrauensvorschuss und vor allem das schöne Geld. Aber sie hatten es ja geahnt. Dann ging alles ganz schnell. Die Clubbetreiber wurden zu beA befragt. Es gab eine Anhörung und Stellungnahmen und tausende Tweeds mit #beA. Nun konnte das junge und unerfahrene Ding dem Druck nicht mehr standhalten. Ihre Paten wendeten sich nun in Scharen von ihr ab, einige wollten gar ihr Geld zurück. Aber das hatten ja ihre Erzeuger in ihre üppige Ausstattung gesteckt. BeA legte sich in ihre dunkle Kammer und wollte einfach nur ihre Ruhe haben. Keinen beAthon mehr, keine Kammersitzung und vor allem keine #beA. Sie bekam strenge Bettruhe und wurde kurz vor Weihnachten und vor der Bescherung ins künstliche Koma versetzt. Ihre Erzeuger haben, obwohl die Schwäche und ihre Verletzungen sichtbar waren, die Nachricht verbreitet, dass es beA wieder gut geht. Aber das war gelogen. Sie hatten ihr gar keine Medizin gegeben, sondern nur die Wunden mit Pflaster bedeckt.

Gestern, nach besagtem beAthon, wurden beAs Paten nun aufgerufen, sich von ihr zu trennen und die elektronische Verbindung zu deinstallieren. Es ist für alle das Beste, seien Sie sich dessen sicher. Aber unsere beA hat in jedem Fall ihrem Namen alle Ehre gemacht, sie war etwas ganz besonders – das besondere elektronische Anwaltspostfach.

P.S. Sie sollten ab heute an Auferstehung oder Wiedergeburt glauben. BeA ist abgeschaltet, deinstalliert und de facto gestorben. Aber die Digitalisierung lebt und wird neue Kinder in die Welt setzen. Man sollte sich vor dem nächsten Versuch allerdings die richtigen Eltern aussuchen und das Kind nicht in einer Kammer zur Welt bringen.

 

 

BEA ist unpünktlich, gewinnt aber Sympathiepunkte.

beA ist unpünktlich

Pünktlichkeit ist die Tugend der Anwaltschaft. Verständlich bei einem Berufsstand, der an Fristen gebunden ist und bei Versäumnissen womöglich zur Kasse gebeten wird. Man sollte meinen, dass eine Verspätung bei dieser Berufsgruppe auf wenig Gegenliebe stößt. Aber bei BEA ist das anders. Sie ist was besonderes, sie sammelt durch ihr Fernbleiben sogar Sympathiepunkte. Schließlich hatte sie sich ja auch aufgedrängt und das ausgerechnet zum Jahreswechsel. Nun aber kommt sie nicht zum 1.1.2016. Aber sie meint, wenn sie kommt, dann kommt sie prompt. Nur wann, das kann sie eben nicht sagen. Die Anwälte können nun beruhigt in den Jahreswechsel starten, die Zukunft lässt auf sich warten.

Die 1. Digital Conference – zur Zukunft des digitalen Anwaltsgeschäfts – fand nichtsdestotrotz am 2.Dezember 2015 in Berlin statt. Die Veranstalter Wolters Kluwer, Soldan und Canon gaben im urbanen Wedding schon mal einen Einblick in die Kanzlei der Zukunft. Dazu berichteten hochkarätige Referenten von den Herausforderungen der effizienten digitalen Arbeitsweise von morgen. Die gut organisierte Veranstaltung bot eine breite Palette von Zukunftsaussichten zwischen künstlicher Intelligenz und digitalen Anpassungsschwierigkeiten. Vielleicht wären der Einladung noch weit mehr als die ca. 150 anwesenden Gäste gefolgt, wenn man ihnen von vornherein gesagt hätte, dass es nicht nur um die Zukunft geht, sondern um die effiziente und technisch unterstützte Organisation der aktuellen Kanzleiabläufe. Sie wären vielleicht nicht so verunsichert und verängstigt, wenn man ihnen sagen würde, dass sich nur die Kanzleiorganisation verändert. Die Arbeitsprozesse werden digital, aber der Gerichtsprozess und das Anwaltsgeschäft sind auch in der Zukunft mit der Anwaltspersönlichkeit verbunden, im positiven wie im negativen Sinn. Der Mandant will digital kommunizieren, die Justiz verlangt es sogar, was aber nichts daran ändert, dass man immer noch den anwaltlichen Rat einholt. Es ist an der Zeit, das anwaltliche Selbstverständnis zu schärfen und anwaltliche Beratung von juristischer Dienstleistung zu trennen. Doch die „Digitalisierung 4.0“ schwebt so bedrohlich über den Köpfen der Kanzleieigner und wird von Politik, Wirtschaft und Medien täglich neu befeuert, ohne dass am Ende des Tages jemand sagen kann, was das denn nun bedeutet. Uns so schiebt man die Digitalisierung in die Zukunft.

Aber BEA ist durchaus real, selbst wenn sie noch nicht da ist. Dieses besondere elektronische Anwaltspostfach ist keine Zukunftsvision. Und wenn man ganz ehrlich ist, dann hat sich BEA nur verspätet, weil wir noch nicht auf sie vorbereitet sind. Wenn wir jetzt ahnen, dass wir Schwierigkeiten haben werden Zugriffsrechte zu definieren, Vertretungsregeln festzulegen und Arbeitsabläufe zu identifizieren, dann hat das nichts mit Digitalisierung, sondern mit schwachen internen Strukturen und mangelnder Kanzleiorganisation zu tun. Die Einführung von Technik birgt immer die Gefahr, dass es zu Methodenkonflikten kommt. Vernetzung darf nicht im Kopf enden, sondern muss dort beginnen. BEA nach ihrem Einzug mit einer vorhandenen Kanzleisoftware zu verkuppeln, wird wesentlich einfacher vonstatten gehen, als festzulegen wer, wann, warum und wie auf Daten und Informationen zugreifen und womöglich eine Signatur benutzen darf. Software lässt sich programmieren, aber Rechte und Berechtigungen vergibt man auf Vertrauensbasis. Es geht eben nicht nur um die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine, sondern um die Zusammenarbeit von Menschen in einer lebenden Organisation. Dass gestern zeitgleich im MOA Hotel eine Tagung der Haufe Akademie zum Thema Personalbüro der Zukunft stattfand, ist zwar ein Zufall, aber zeigt, dass letztlich alles eine Frage des Personals ist.

BEA wird dafür sorgen, dass sich Anwälte über Arbeitsprozesse und Ablauforganisation Gedanken machen, Regeln aufstellen und dokumentieren müssen. Sie werden dabei an so mancher Stelle erstaunt feststellen, was denn der einzelne Mitarbeiter tagtäglich so tut. Sie werden auch mit ihren Mitarbeitern darüber reden müssen, spätestens dann, wenn sie diese Aufgabe an das Kanzleipersonal abgeben möchten. Und so wird BEA auf dem Weg in die Zukunft noch eine Menge Staub aufwirbeln. Vielleicht kommt sie ja zum Frühjahrsputz?

Hier geht es zur Website der 1.Digitalkonferenz mit den Tagungsbeiträgen: