Wirtschaftsjurist oder Wirtschaftsanwalt – wer kennt den Unterschied?

„Alles aus einer Hand – Wirtschaftsjuristen sind Allrounder-Allround-Talente. Im Idealfall sind

Wirtschaftsjurist oder Wirtschaftsanwalt
„Alles aus einer Hand – Wirtschaftsjuristen sind Allrounder-Allround-Talente. Im Idealfall sind Wirtschaftsanwälte nicht nur exzellente Juristen, sondern auch vertrauensvolle Berater, ernst zu nehmende Gesprächspartner…“ 

Wirtschaftsjurist oder Wirtschaftsanwalt – wer kennt den Unterschied?

Wie hier im Karriereführer Recht 1.2013 werden Wirtschaftsjuristen und Wirtschaftsanwälte gern mal in einen Topf geworfen. Und dann heißt es im Bewerbungsprozedere für den Wirtschaftsjuristen auf einmal: Halt, bis hier und nicht weiter! Die Sache erklärt sich, wenn man den Karrieresatz zu Ende liest: „Wirtschaftsanwälte sind nicht nur exzellente Juristen, sondern auch vertrauensvolle Berater.“ Nicht, dass Wirtschaftsjuristen nicht ebenso exzellent und vertrauenswürdig wären, sie sind einfach keine Berater. Punkt! Da dies kein Mangel, sondern eine Frage der Zulassung ist, ist es nützlich, sich einmal grundlegend damit auseinanderzusetzen und zwar nicht nur sprachlich, sondern in Sinne des anwaltlichen Berufsrechts.

Jeder Anwalt ist Jurist, aber nicht jeder Jurist ist Anwalt. Insbesondere ist der Wirtschaftsjurist kein Wirtschaftsanwalt, denn egal ob er sein juristisches Studium mit Diplom, Bachelor, Master oder auch Magister abgeschlossen hat, er ist kein Volljurist und kann die Zulassung zur anwaltlichen Beratung nicht erlangen. Es sei denn, er legt, so wie der Volljurist, die erste juristische Prüfung ab, begibt sich zwei Jahre in den juristischen Vorbereitungsdienst, um dann das zweite juristische Staatsexamen abzulegen und  damit die Befähigung zum Richteramt zu erlangen. Wenn Sie sich jetzt gerade fragen, was denn das Richteramt hier zu suchen hat, es geht doch um die Wirtschaft, dann kann ich nur sagen: isso. Das ist der juristischen Ausbildung in Deutschland geschuldet. Wirtschaft hin oder her, geprüft wird für den Staatsdienst. Somit ist es auch verständlich, dass der Associate einer Wirtschaftskanzlei zusätzlich einen MBA Abschluss anstrebt und sich dann zuweilen stolz Wirtschaftsjurist nennt. Nun hat er das, was auch der Wirtschaftsjurist vorweisen kann, eine  juristische und eine wirtschaftliche Ausbildung. Aber eigentlich deklassiert er sich mit der Bezeichnung Wirtschaftsjurist, denn er hat ja eine Anwaltszulassung – er ist Rechts- und Wirtschaftsanwalt und hat damit das Privileg der anwaltlichen Beratung. Trotzdem bezeichnet sich der Wirtschaftsanwalt seinen Mandanten gegenüber auch gern als Wirtschaftsjurist, obwohl er  selbst nicht in der Wirtschaft, sondern in einer Wirtschaftskanzlei tätig ist. Wenn er dann einmal die Seite wechselt und sich in einem Unternehmen anstellen lässt, dann ist er nicht mehr Wirtschaftsjurist, dann ist er Syndikus. Und der Wirtschaftsjurist? Der ist innerhalb der Rechtsabteilung kein Syndikus, sondern Justitiar, angestellter Jurist ohne Zulassung. Wenn Sie jetzt schlussfolgern, dass alle Juristen im Unternehmen, bis auf den Syndikus, wohl Wirtschaftsjuristen sind, dann muss ich Sie leider enttäuschen. Die Justiziare sind meist Volljuristen, also die mit den beiden Examen, dem Referendariat und der Befähigung zum Richteramt. Warum? Isso. Das ist zum Teil der (Un-)Kenntnis über die juristische Ausbildung in Deutschland geschuldet.

Einige Argumente von suchenden Unternehmen:

„Wir suchen generell nur Volljuristen.“

„Unsere Mitbewerber in der Branche suchen auch Volljuristen, da haben wir mal die Anzeige kopiert.“

„Wir wollen da schon sicher sein und suchen lieber einen Volljuristen.“

„Wir haben die Stellenanzeige von vor drei Jahren genommen.“

„Wir haben noch nie eine juristische Stelle besetzt, aber der Geschäftsführer wünscht sich einen Volljuristen.“

„Wirtschaftsjuristen, was machen die genau? Der Studiengang ist ja noch ziemlich neu…“

Nun, ganz so neu ist der Wirtschaftsjurist auch nicht mehr. Die Westfälische Hochschule war eine der ersten, die den Studiengang Wirtschaftsrecht ins Leben gerufen hat, sie feiert im Herbst 2015 das 20. Jubiläum und fragt sich, welche Chancen die Absolventen in der Zwischenzeit haben. Wenn Sie sich als Wirtschaftsjurist nun fragen, wie Sie denn einen Fuß in die Tür bekommen ohne die rote Karte der Zulassung zu sehen, dann kann ich Ihnen nur raten, nehmen Sie die Anzeigen, in denen ein Wirtschaftsjurist mit zwei überdurchschnittlichen Examen gesucht wird, nicht zu ernst. Bewerben Sie sich und zeigen Sie, was Sie können. Vielleicht kommt Ihnen ja das aktuelle Hickhack zum Status des Syndikus sogar zugute. Wenn Sie Hilfe brauchen, dann fragen Sie uns nach einem speziellen Bewerbungstraining für Wirtschaftsjuristen und senden Sie uns Ihre Initiativbewerbung.

Allen, die eine juristische Position zu besetzen haben, stehen wir sehr gern beratend und vermittelnd zur Seite. Der Wirtschaftsjurist in Kanzlei und Rechtsabteilung  ⇒ hier weiterlesen

 

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