RA-Micro lädt ReNo zum Tanz

RA-Micro lädt ReNo zum Tanz

RA-Micro lädt ReNo zum Tanz. Am 07.09.2023 öffnet die Landesrepräsentanz der RA-Micro Software AG die Anwaltslounge im Cube am Berliner Hauptbahnhof für die Kanzlei-Fachkräfte und bittet die ReNo zum Tanz.

Gemeinsame Veranstaltung der RA-Micro Software AG, dem ReNo Bundesverband und ReNoSmart 

Die Fortbildungsreihe Kanzlei-Fachkräfte Update steht unter dem Motto: tagsüber Fortbilden und abends Feiern. Wie man sieht, wird Fortbilden und Feiern hier groß geschrieben. Und um die Sache noch attraktiver zu machen, sponsort die RA-Micro AG sogar die Teilnehmergebühr. Von 9:30 bis 17:45 werden am Donnerstag, dem 07.September 2023, Themen zwischen Digitalisierung, Kanzleiorganisation, Zwangsvollstreckung und RVG besprochen. Die Referenten sind Branchenkenner, live dabei, und aus Fleisch und Blut. Was erfreulich ist, denn mit KI kann man nicht tanzen. Bevor es aber zum Tanz geht, bekommen alle Teilnehmer:innen ein Teilnehmerzertifikat. Damit das :innen auch Sinn macht, sei ausdrücklich erwähnt, dass die Teilnahme der wenigen männlichen Vertreter der Berufsgruppe erwünscht ist, ja sogar erwartet wird. Die ReNo ist zwar gewohnt allein zu tanzen, wie man auf dem von Soldan ausgerichteten Deutschen Rechtsfachwirttag jährlich beobachten kann, würde sich aber gern auch einmal zum Tanz bitten lassen.

Nicht nur zum Vergnügen

Es ist übrigens sehr zu begrüßen, dass die Veranstaltung für Kanzlei-Fachkräfte hier Fortbildung und Vergnügen verbindet. Bei den zahlreichen Veranstaltungen der Anwälte und Juristen  – von Anwaltstag, Zukunftskongress und LegalTech Kongress –  gibt es selbstverständlich stets einen vergnüglichen Abschluss mit Fingerfood und gesprächsanregenden Getränken. Dort heißt das allerdings Networking und ist natürlich beruflich veranlasst. Die ReNo hat bisher nur den ReFaTag, den sie nicht selten aus eigener Tasche bezahlt. Eine Teilnehmerin berichtete mir letztes Jahr, dass ihr Anwalt die zweitägige Fortbildung (Freitag und Samstag!) nicht finanziert, wenn da abends noch gefeiert wird. Er bezahlt nicht für Vergnügen.

Fortbildungsthemen und Referenten

Digitale Kanzleiorganisation heute – mit und ohne KI
Wirtschaftspsychologe, Betriebswirt & Rechtsfachwirt René Kurtkowiak, M.Sc

Die neuen Zwangsvollstreckungsformulare und ihre Besonderheiten
Dipl.-Rechtspfleger und Obergerichtsvollzieher Jörg Hunold

Kanzleiorganisation aus der Praxis für die Praxis -Verknüpfung der analogen und digitalen Prozesse
Rechtsanwalts- und Notarfachwirtin Ronja Tietje, RENO Deutsche Vereinigung
der Rechtsanwalts- und Notariatsangestellten e.V. und Rechtsanwaltsfachangestellte Jennifer Wolff, RA-MICRO Software AG

Best of „RVG-Sprechstunde“
RA Norbert Schneider

Ich wünsche viel Input und Vergnügen!

Melden Sie sich hier rechtzeitig an:

Anmeldelink

https://wissenspool.ra-micro.de/veranstaltung/
kanzlei-wissen-update-2023/

 

RA-Micro Kanzlei-Fachkräfte Update 2023

Flyer Kanzlei-Fachkräfte Update 2023

 

Deutscher Anwaltstag 2023 nachhaltig wertschätzend

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Deutscher Anwaltstag 2023 nachhaltig wertschätzend. Der Deutsche Anwaltstag 2023 in Wiesbaden sollte uns nachhaltig in Erinnerung bleiben. Denn nachdrücklich haben die Referenten der über 70 Fachvorträge und die Moderatoren der zahlreichen Podiumsdiskussionen die Nachhaltigkeit des Rechts und der anwaltlichen Berufsausübung hervorgehoben. Zur allgemeinen Verständlichkeit des Begriffs „Nachhaltigkeit“ wurde mehrfach auf die Forstwirtschaft hingewiesen, was die Präsidentin des DAV Frau Edith Kindermann zu ihren Wurzeln im Agrarrecht führte. Die Rechtsanwältin und Notarin kämpft mit Engagement und Leidenschaft für die Digitalisierung der Justiz und den nachhaltigen Zugang zum Recht – auch in der Fläche. Bei der Beharrlichkeit der beteiligten Akteure wünscht sie sich offensichtlich eine Axt im Walde. Auf das Abholzen von nachhaltig gepflanzten Bäumen könnte in nicht geringen Maße verzichtet werden, wenn nicht in der Justiz und einigen Kanzleien digital erzeugte Schriftstücke und E-Mails immer noch sicherheitshalber ausgedruckt würden. Aber der mediale Austausch unter den Beteiligten ist bei dem digitalen deutschen Flickenteppich ein holperiger Weg.

Auf dem Weg der Digitalisierung stolpern wir oft über unsere Wurzeln

Doch die Anwaltschaft hat sich (Corona sei Dank!) der Digitalisierung schon sichtbar geöffnet. Schließlich fanden auch die ersten drei Veranstaltungstage des diesjährigen DAT wieder digital statt. Das funktionierte ganz gut, wenn dann jeder Teilnehmer das jeweilige Icon für Mikrofon und Lautsprecher gefunden hatte. Die Skripte gab es zum Download und sicherheitshalber zum Ausdrucken. Bei der Betrachtung der Präsentationen und Skripte wurde sichtbar, dass die Vorzüge der digitalen Medien doch noch nicht ganz ausgeschöpft werden. Es ist zwar erfreulich, dass einige Präsentationen neben den umfangreichen Textauszügen nun auch eingefügte Bilder zeigen, wenn dann in den Skripten die Bilder ohne erklärenden Text daher kommen, braucht man schon ein nachhaltiges Erinnerungsvermögen, um das Gesagte reproduzieren zu können. Noch schwieriger ist es, das auf dem DAT erlangte Wissen im Nachgang mit anderen zu teilen. Dabei ist doch die ortsunabhängige Wissensteilung ein unschätzbarer Vorzug der Digitalisierung. Es ist wohl noch ein langer Weg, alle auf die Straße der Digitalisierung zu bekommen.

Digitale Kanzleiorganisation und Fallbearbeitung

Digitale Angebote zur Optimierung der Kanzleiorganisation und zur Fallbearbeitung, die auch dem berufsrechtlichen Sicherheitsbedürfnis der Anwaltschaft genügen, gibt es inzwischen reichlich, wie die AdvoTec in ihrem Ausstellerbereich zeigte. Neben den vertretenden Platzhirschen der Kanzleisoftwareanbieter fand man hier eine Sonderfläche mit Start-ups, die mit digitalen Tools für eine effiziente Kanzleiorganisation aufwarteten. Vom sicheren E-Mail-Versand, über die digitale Mandatsannahme bis zur Einbindung von ChatGPT wurde dem Fachbesucher viel Entwicklerleistung präsentiert. Als Nutzer dieser innovativen Einzellösungen ist man heutzutage nicht nur Anwender, sondern auch Mitentwickler. Wobei sich die Frage stellt, was man in seiner eigenen Kanzlei tatsächlich braucht? Welchen Nutzen bringen die neuen digitalen Angebote, sind sie zu der bestehenden Systemen kompatibel oder werden sie die Kanzleisoftware irgendwann ersetzen?

ReNo Mangel als Digitalisierungsschub

Interessant war zu hören, dass das Haupt(verkaufs)argument der Softwareanbieter nicht etwa in der zu erwartende Kostensenkung, der nachweislichen Zeitersparnis oder gar dem Mehrwert für den Mandaten lag, sondern in der Gewissheit, dass es keine ReNos gibt. Diese späte Erkenntnis ist ebenso sicher wie nachhaltig bzw. bundesweit andauernd. Die „ReNo“ steht hier stellvertretend für alle Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten, Rechtsanwalts-, Notarfach- und Patentanwaltsfachangestellten und die Fachwirte der juristischen Berufe. Ja, es gibt zu wenig ReNos, denn wir haben jahrzehntelang zu wenig ausgebildet und zu viele an branchenfremde Wettbewerber und die Justiz verloren und sie viel zu lange nicht wertgeschätzt. Aber es gibt sie noch, die ReNo. Nur will sie nicht mehr so arbeiten wie bisher. Sie ist keine Tippse und keine Erfüllungsgehilfin. Wenn auch die „ReNo-Gehilfin“ dem ein oder anderen Berufsträger zwischen Bratwurst und Salat immer noch über die Lippen kam. Dass das kein Versprecher war, manifestiert sich in dem Nachsatz: das steht schließlich so in ihrem Zeugnis.

Mangelnde Wertschätzung und schlechtes Berufsimage

Auch aus diesen Gründen der Ignoranz und mangelnden Wertschätzung ist sie abgewandert, die juristische Fachangestellte. Sie ist außerhalb der klassischen Kanzlei sehr begehrt und arbeitet heute nicht selten in einer Rechtsabteilung oder bei einem LegalTech Anbieter. Die Prophezeiung, dass mit der Digitalisierung auch die ReNo verschwindet, hat sich insofern bewahrheitet, dass sie jetzt dort arbeitet, wo die Digitalisierung bereits angekommen ist. Das Problem des ReNo Mangels ist damit aber nicht verschwunden, es ist größer als je zuvor. Denn die Aufgaben, die nur von einer ReNo erledigt werden können, werden zwar durch digitale Anwendungen unterstützt, aber immer noch mit der Intelligenz der Fachangestellten erledigt. Die ReNo erfreut sich nun, da sie rar und ihr Verlust spürbar ist, wachsender Beliebtheit. Auf dem Anwaltstag erhält sie so viel Aufmerksamkeit und verbale Wertschätzung, dass sie sich darüber freuen würde, wenn sie es hören und miterleben könnte. Aber man spricht über die Berufsgruppe bis auf wenige anwesende Rechtsfachwirte doch wieder in Abwesenheit. Dafür findet dann im November der jährlich von Soldan ausgerichtete Rechtsfachwirttag statt. In Kassel wird sich die Berufsgruppe der ReNos dann einmal mehr über mangelnde Wertschätzung seitens der Anwälte beklagen. In Abwesenheit der Berufsträger. Da aber immer noch viele ReNos die Teilnahme an der zweitägigen  Weiterbildungsveranstaltung (Freitag und Samstag) aus eigener Tasche bezahlen, werden die Anwälte auch nicht erfahren, wie hinter den Konferenztüren über sie gesprochen wird.

Nachhaltig wertschätzend

Was Wertschätzung eigentlich ist, konnte die Anwaltschaft bisher nicht zweifelsfrei für sich herausfinden. Dass Anwälte in ihrem Studium Führung nicht lernen, taugt nicht als Entschuldigung für wenig wertschätzendes oder gar unangemessenes Verhalten im Arbeitsumfeld. Alle in den Diskussionen hervorgebrachten Bespiele mangelnder Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitenden zeugten von fehlendem Respekt, wenig Anstand und mangelnder Selbstreflexion. Wertschätzung beginnt mit dem Respekt für einen anderen Menschen. Wertschätzung beinhaltet das Interesse an einem Menschen als Individuum und zeigt sich in der ihm entgegengebrachten Aufmerksamkeit. Dafür bedarf es kein Führungskräftetraining, sondern eine wohlwollende Haltung seiner Mitmenschen gegenüber. Vielleicht würde es schon helfen, in diesem Kontext nicht von Mitarbeitenden, Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, sondern von Mitmenschen zu sprechen und sie auch so zu behandeln. Etwas wertschätzen, es positiv zu bewerten, zu respektieren und einzubeziehen, ist die Grundlage für Nachhaltigkeit. Wen ich nicht wertschätze, den werde ich nicht halten können. Wertschätzung ist der Schlüssel zur Mitarbeiterbindung.

AG Kanzleimanagement des DAV

Es ist durchaus positiv zu bewerten, dass der bundesweit gravierende Fachkräftemangel der ReNoPat-Berufe auf dem Deutschen Anwaltstag überhaupt thematisiert wurde. Die AG Kanzleimanagement initiierte mehrere lebhaft besuchte Diskussionsrunden. Man hat sich auch nicht mehr hinter dem demografischen Wandel versteckt, sondern sich an die eigene Nase bzw. das eigene Berufsimage gefasst. Richtig ist, dass alle Branchen einen Fachkräftemangel verzeichnen und die Zahl der Auszubildenden deutschlandweit sinkt. Aber, dass der Beruf der Rechtsanwalts-, Notarfach- und Patentanwaltsfachangestellten unter Schülern nahezu unbekannt ist, kommt hier erschwerend hinzu. Aber die missliche Lage des Ausbildungsberufes tritt erst dann vollends zu Tage, wenn man sich in Netzwerken, Chats und sozialen Medien über die Ausbildung, die Arbeit und das Miteinander in Kanzleien und Notariaten informiert. Ganz vorsichtig ausgedrückt: viel Positives ist nicht zu lesen. Ob nun tatsächlich ein Anwalt von seiner Mitarbeiterin verlangt hat, ihm die Tagezeitung morgens gebügelt und ohne Knick zu reichen oder ob die ReNo nur mal ihren angestauten Frust loswerden wollte, ist nicht zu klären. Aber, dass die Digitalisierung dafür sorgt, dass man immer weniger mit Aktenordnern werfen kann und bald auch das Zeitungsbügeln wegfällt, ist doch eine positive Begleiterscheinung der digitalen Transformation.

Wo sind die Auszubildenden?

Dann besteht vielleicht auch wieder Hoffnung, doch noch Auszubildende für Kanzleien zu finden? Die BRAK fragt sich in ihrem aktuellen BRAK-Magazin 3/2023, wo denn die Auszubildenden sind. Die Jugendlichen fragen sich indessen, was denn bitte die BRAK ist. Solange sich die Branche nicht öffnet und mit der Jugend in den Dialog tritt, wird sie auch keine interessierten Bewerber finden. Die Betonung liegt auf „interessiert“. Bewerber, die eigentlich etwas anderes machen wollten, nicht wissen was sie wollen oder eigentlich studieren möchten, werden nicht zur ReNo von morgen. Der interessierte Bewerber hat einen berechtigten Anspruch auf eine ganzheitliche und zukunftsorientierte Ausbildung. Die Frage, die viele Ausbilder bewegt ist, wie man das als einzelner Ausbilder noch leisten kann. Hier ist Zusammenarbeit notwendig, am besten in Kooperation.

Ausbildung allein funktioniert nicht

Die mangelnde Bereitschaft zur Kooperation unter der Anwaltschaft und der immer noch vorherrschende Konkurrenzgedanke kamen leider in vielen Diskussionen zum Ausdruck und gipfelten in dem Bekenntnis eines Berufsträgers: „Ich bilde keine ReNo aus, wenn ich nicht weiß, ob die dann wirklich bei mir bleibt, womöglich geht sie noch in die Justiz.“ Zur Erinnerung: Nur Rechtsanwälte dürfen Rechtsanwaltsfachangestellte ausbilden, wenn sie es nicht tun, dann tut es keiner. Die Nachwuchssicherung ist für den einzelnen Ausbildungsbetrieb eine Herkulesaufgabe. Eine Verbesserung der Situation kann nur durch gemeinsames Handeln erreicht werden. Angst vor Kooperation ist unbegründet, wenn sie besser sind als die Konkurrenz.

ReNos in die Schulen? Wirklich?

Statt die ohnehin durch extreme Arbeitsbelastung gestressten ReNos in Sachen Berufsorientierung in die Schulen zu schicken, sollten man sich die Schüler lieber ins Haus holen. Die Türen aufmachen und miteinander reden. Der Anwaltstag wäre eine sehr gute Gelegenheit, um jedes Jahr in einer anderen Stadt für den Rechtsmarkt zu werben. Die Aussteller der AdvoTec wären in jedem Fall davon sehr angetan, denn sie haben längst begriffen, dass die digitale Transformation nur mit der ReNo bzw. durch die ReNo funktioniert. Die ReNo ist die Anwenderin und Nutznießerin der digitalen Tools. Sie hat auch wenig Angst, dass sie wegdigitalisiert wird. Die ReNo weiß in der Zwischenzeit, was sie wert ist. Sie denken jetzt an die gestiegenen Gehaltsvorstellungen ihrer ReNo? Keine Angst, Sie müssen nicht alles mit Geld bezahlen. Sie könnten auch ihr wertschätzendes Verhalten in die Waagschale werfen.

Mehr zum Thema finden Sie hier: Ausbildungsmarketing 

Deutscher ReFa-Tag – Soldan ReNo-Preis – Berlin 06. und 07.12.2019

Deutscher ReFa-Tag

Soldan ruft vom 06.- bis 07. Dezember 2019 die Rechts- und Notarfachwirte, Bürovorsteher, Office-Manager und erfahrenen ReNo-Fachangestellten zum Deutschen ReFa-Tag nach Berlin. Anlässlich der größten bundesweiten Weiterbildungsveranstaltung für die Berufsgruppe der ReNo-Berufe wird nun zum 8. Mal auch der SOLDAN-RENO-PREIS an die Besten der Branche vergeben.

Eine ReNo ist keine Tippse

ReNo Tippse

Eine ReNo ist keine Tippse – von der Schreibmaschine zur digitalen Spracherkennung.

Der Anwalt diktiert, die ReNo schreibt. Das war nicht immer so.

Zumindest seit dem Inkrafttreten der Rechtsanwaltsordnung am 01.10.1879 kann man die Entwicklung des Berufs der Rechtsanwaltsfachangestellten nachvollziehen. Vor der Befreiung der Anwaltschaft vom Staat hat sich der Advokat zur Erstellung seiner Schriftsätze Gerichtsschreibern oder Konzipienten bedient. Konzipienten warteten als Anwärter oft jahrelang auf eine Advokatur und verdingten sich derweil als akademisch gebildete Schreiber. Doch mit dem Inkrafttreten der Rechtsanwaltsordnung war es jedem, der die Zulassung zum Richteramt erlangte, freigestellt, sich als Rechtsanwalt zuzulassen. Damit erhob sich für die freien Rechtsanwälte die brennende Frage: Wer schreibt? Die Gerichtsschreiber wurden in den Justizdienst aufgenommen und wer die Zulassung zur Anwaltschaft selbst erlangte, und nun eine eigene Kanzlei gründen konnte, würde wohl nicht mehr für andere schreiben.

Das erste Kanzleipersonal war männlich

Das auch schon damals dringend notwendige Kanzleipersonal rekrutierte sich ausschließlich aus Männern, die meist schon langjährige Erfahrung in der Büroorganisation, mit Botendiensten und vor allem mit dem Schreiben gesammelt hatten. Damals schrieb man noch mit Hand mit Feder und in Schönschrift! Der Kanzleieigner und freie Rechtsanwalt brauchte vermutlich zahlreiche erfahrene Schreiber und auch einen Büro- oder Kanzleivorsteher, der von seinem Stehpult aus das Kanzleipersonal beaufsichtigte und anleitete. Die Bürovorsteher waren damals allesamt Männer, wohingegen die Rechtsfachwirte heute überwiegend Frauen sind. Das wird insbesondere beim jährlich von Soldan organisierten Recht- und Notarfachwirttag sichtbar. Beim Anblick der 350 weiblichen Fachbesucher, die sich in diesem Jahr im Westin Hotel in Leipzig versammelten und abends die Tanzfläche füllten, wurde offensichtlich, dass dieser Beruf für Männer heutzutage wohl wenig attraktiv ist. Aber das war einmal anders.

Die Schreibmaschine brachte die Frauen ins Büro und in die Kanzlei.

Erst die Erfindung der Schreibmaschine, Ende das 19.Jahrhunderts, öffnete den Frauen den Weg in die Sekretariate, in Büros und auch in die Kanzlei des Rechtsanwalts. Der Erfinder einer Schreibmaschine, der Tiroler Peter Mitterhofer, ließ sich noch entmutigen, denn seine Erfindung wurde vom Österreichischen Kaiser abgewiesen da „eine eigentliche Anwendung dieses Apparates wohl nicht zu erwarten stehe“. Die Erfinder im Hause der Waffenhersteller Remington Arms Company, waren hartnäckiger und vor allem solventer als der Tiroler Tischler und gingen 1873 mit ihrer Remington Schreibmaschine in Serienproduktion.

Sie wurden aber zunächst ebenfalls enttäuscht, in diesem Fall von den männlichen Sekretären und Schreibern, da diese mit der Tastatur nicht zurechtkamen oder sie rundheraus ablehnten. So ersann Remington ein „Verleihsystem für Schreibmaschine nebst Frau“ und verlieh das Gesamtpaket Maschine-Mensch an Firmen, an Unternehmer und höchstwahrscheinlich auch an Rechtsanwälte. Dies geschah unter dem Versprechen, die leidige Schreibarbeit zu beschleunigen, ja gar zu revolutionieren.

Die Frauen kommen ins Unternehmen

Die jungen Mädchen und Hausfrauen nutzen die Chance, sich mittels der Schreibmaschine und ihrer eigenen Fingerfertigkeit den Zugang zum Büro, in die Sekretariate und Kanzleien zu verschaffen. Auf diesem Weg erlangten sie einen eigenen Verdienst und nachfolgend den Zugang zu einer Berufstätigkeit und schließlich zu einem eigenen Beruf. Die Frauen erfanden das Zehnfingersystem, perfektionierten das Blindschreiben und legten die Grundstein für das heutig gängige 10-Finger-Tastschreiben. Die Sekretärin war geboren, hat sich über die Jahrhunderte perfektioniert, sich emanzipiert und immer wieder der neuen technischen Entwicklung gestellt und angepasst.

Die Sekretärin erobert die Geschäftswelt 

Die Sekretärin hat Zugang zu allen Unternehmen, Abteilungen, Büros und Sekretariaten der Welt gefunden, ihre Tätigkeit hat sich mannigfaltig spezialisiert und im Laufe der Industrialisierung, Globalisierung und Digitalisierung viele unterschiedliche kaufmännische, administrative oder fremdsprachlich orientierte Berufsbilder hervorgebracht. Die Sekretärin hat einen unvergleichlichen Siegeszug hingelegt, obwohl es den Beruf der „Sekretärin“ nicht gibt. Die Sekretärin ist eher eine Funktion, Rolle und Aufgabe und sie ist in allen Branchen und Wirtschaftszweigen zuhause.

Die Rechtsanwaltsfachangestellte ist mehr als eine Sekretärin.

In der Kanzlei heißt die Sekretärin Rechtsanwaltsfachangestellte oder ReNo. Aber das stimmt so nicht, denn die ReNo ist keine Tippse und nur in zweiter Funktion die Sekretärin des Rechtsanwalts. Und genau genommen meint man, wenn man ReNo sagt, die Rechtsanwaltsfachangestellte. Denn die Notarfachangestellte, die Fachangestellte der Notare – die Assistentin der Geschwindschreiber – steht auf einem ganz anderen Blatt Papier. Ihre Tätigkeit hat nun rein gar nichts mit einer Tippse zu tun und auch nichts mit einer Sekretärin. Die Notarfachangestellte tippt auch keine Diktate.

10-Finger-Tastschreiben und Stenografie 

Bis 1995, als der Ausbildungsberuf der Rechtsanwaltsfachangestellte noch Rechtsanwaltsgehilfin hieß, war der Anwalt froh, wenn seine ReFa Stenografie beherrschte. Diese für Unkundige aus ominösen Zeichen und Kringeln bestehende Kurzschrift erlaubte der geübten Sekretariatskraft, das Diktat, einen Schriftsatz, die Klageschrift oder den Brief an den Mandanten möglichst schnell niederzuschreiben und bei einer Verhandlung Protokoll zu führen – mit der Hand! Da der Anwalt dieser Kurzschrift kaum mächtig war, tippte sie das Notierte kurzerhand in die Maschine und legte es ihm schön formatiert, natürlich fehlerfrei und durch einen Aktendeckel geschützt auf seinen Schreibtisch.

Phonodiktat 

Mit einer neuen Erfindung, dem Diktiergerät, verschwand die Kurzschrift kurzerhand. Mit der Magnetbandaufzeichnung des gesprochenen Wortes brach ein neues Zeitalter an, das Phonodiktat eroberte die Anwaltskanzleien. Mit einem Diktiergerät und einer Magnetbandkassette ausgestattet, speicherte der Rechtsanwalt fortan seine klugen Gedanken und seine oft endlos anmutenden Schachtelsätze, gespickt mit Verweisen, Aktenzeichen und Fußnoten auf das analoge Bandgerät. Die ReFa fand meist morgens die Bänder auf dem Schreibtisch und wusste schon, was sie zu tun hatte. Nach der Kontrolle der Fristen, der Bearbeitung der Post und anderer Prioritäten ihres Jobs, griff sie zum Kopfhörer, ertastete das Pedal unter ihrem Schreibtisch mit den Füßen und drückte auf Start. Es erfordert durchaus einiger Übung, die Geschwindigkeit des Gerätes mit dem Fuß zu steuern, schnell auf Pause und wieder Start zu drücken und den Blick dabei nicht auf die Tastatur zu senken. Aber es ist kein Hexenwerk, man kann es erlernen.

Das Phonodiktat lebt immer noch

Üben, üben, üben. Man braucht allerdings die Gelegenheit und Zeit dazu. Eine frisch gebackene Rechtsanwaltsfachangestellte hört oft beim Vorstellungsgespräch in der Kanzlei das erste Mal vom Phonodiktat, Gelegenheit zum Üben hatte sie bisher nicht. Aber das Phonodiktat gehört auch heute in einigen Kanzleien noch zum Tagesgeschäft.

Digitale Spracherkennung

Die Technik hat sich rasant weiterentwickelt. Es gibt digitale Diktiergeräte, kommerzielle Schreibdienste und selbst das Smartphone bietet Spracherkennungssoftware. Dragon ist in aller Munde. In seinen Blackberry oder iPhone zu brabbeln, ist heutzutage das Normalste der Welt. Die junge Anwaltsgeneration wächst digital auf. Die juristischen Bibliotheken sind längst ins Internet verzogen, die Jurastudenten, Referendare und Associates arbeiten mit online-Datenbanken, kommunizieren digital und arbeiten mit Cloudlösungen. Wozu brauchen sie noch eine Rechtsanwaltsfachangestellte?

„Wer braucht denn noch eine ReNo, die Junganwälte tippen doch heute alles selbst.“

Diesen Satz hört man leider häufig, wenn es um den Nachwuchsmangel in den ReNoPat-Berufen geht. Aber dieser Gedanke ist wohl eher ein Wunsch als eine ernstzunehmende Zukunftsprognose. Wenn die ReFa eine Tippse wäre, wäre sie verzichtbar? Nein, nicht einmal dann. Denn das, was die digitale Spracherkennung produziert, ist nicht per se gerichtstauglich und auch dem Mandanten nicht zuzumuten. Kontrolle, Korrektur, Formatierung, Versionsvergleich, Änderungsverfolgung, Fußnoten, Inhaltsverzeichnisse, Kopien und drucken, heften, binden, versenden, faxen und mit beA versenden – fristgerecht bitte.

Kanzleiorganisation

Eine Kanzlei besteht nicht aus getippten Dokumenten, sondern aus einer Organisationstruktur, einer Ablauforganisation, aus Verfahren und Prozessen, aus einem streng geregelten Kommunikationsgeflecht zwischen Rechtsanwalt, Gericht, Mandant, Gläubigern, Schuldnern, sonstigen Beteiligten und der gegnerischen Seite. All das ist streng geregelt mit Rechten und Pflichten des Anwalts belegt und in der Bundesrechtsanwaltsordnung BRAO und der Berufsordnung der Rechtsanwälte BORA festgeschrieben. Verschwiegenheit, um nur eine Pflicht der Berufsausübung des Rechtsanwalts zu nennen, ist in den Zeiten der Digitalisierung, Cloudspeichern und LegalTech-Anwendungen nicht mal so nebenbei einzuhalten oder einfach zu vernachlässigen. Der elektronische Rechtsverkehr ERV, das besondere elektronische Anwaltspostfach beA, die Europäische Datenschutzgrundverordnung DSGVO und die jüngste Geldwäscheverordnung haben bereits tiefgreifende Veränderungen der Kanzleiorganisation zufolge. Wenn die ReFa da nur tippen würde, würden so manchem Anwalt buchstäblich die „Fälle“ wegschwimmen.

Die ReFa kann das, was der Anwalt nicht lernt

Was eine ausgebildete ReFa alles kann, ahnt am ehesten der jüngst zugelassene Rechtsanwalt in eigener Kanzlei. Die anwaltlichen Pflichten treffen jeden Rechtsanwalt vom ersten Tag seiner Zulassung und seiner Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr. Von der Rechnungslegung nach Rechtsanwaltsgebührenordnung RVG, der Abrechnung mit der Rechtschutzversicherung des Mandanten, der Kostenfestsetzung, der Berechnung der Fristen, der Ausstellung eines Mahnbescheids, der Einleitung einer Zwangsvollstreckung und der Fristverlängerung bei Gericht – all das hat der frisch gebackene Rechtsanwalt in seinem Jurastudium nicht gelernt und im Referendariat nicht geübt. Was ihm selbst am schnellsten von der Hand geht ist – das Tippen.

Für alles andere seiner Kanzleiorganisation wünscht er sich eine Rechtsanwaltsfachangestellte!

 

Die ReNo – wegdigitalisiert oder weggelaufen

Die ReNo - wegdigitalisiert oder weggelaufen
Die ReNo – wegdigitalisiert oder weggelaufen? Nein, die Rechtsanwaltsfachangestellte bleibt in Zeiten der Digitalisierung unverzichtbar.

Am Rande von Zukunftskongressen der Anwaltschaft und LegalTech-Konferenzen der Rechtsdienstleister fallen oft Bemerkungen über die ReNo, obwohl die ReNo an sich auf diesen Branchentreffen kaum eine Rolle spielt. Nur der Umstand, dass sie sich gerade sehr rarmacht, wird zumeist in der Mittagspause mit einem kurzen Satz abgehandelt.

„In ein paar Jahren braucht keiner mehr eine ReNo, dann haben wir alle digitalisiert.“

Um diese Prognose zu wiederlegen, müsste man eigentlich nicht einmal beA bemühen. Aber dieses besondere elektronische Anwaltspostfach ist ein schönes Beispiel dafür, dass die Digitalisierung sehr viel Fachkompetenz erfordert. Gerade, wenn die Entwickler diese Kompetenz nicht in das Produkt stecken, brauchen die Anwender umso mehr Fachkompetenz, guten Willen und Ausdauer, um das Ding dann in der Kanzlei anzuwenden. Unabhängig von dem Desaster dieses beA überhaupt einzuführen, hat allein die Ankündigung der eventuell stattfindenden Inbetriebnahme selbst JUVE-Award gekürte Topkanzleien des deutschen Kanzleimarktes dazu veranlasst, in gängigen Stellenportalen nach „beA-verständigen Rechtsanwaltsfachangestellten“ zu suchen. Gut, das war bereits Ende 2017, als man noch dachte, dass beA ans Netz geht. In der Zwischenzeit waren die Stepstone Anzeigen wieder verschwunden. Aber seit der Wiedergeburt von beA ist ganz offensichtlich, dass Digitalisierung viel Arbeit macht und die Rechtsfachwirte und Rechtsanwaltsfachangestellten stark gefordert sind. Man findet sie dann bei Weiterbildungsveranstaltungen wie dem von Soldan initiierten Deutschen Rechts- und Notarfachwirttag, der übrigens 2019 in Berlin stattfindet. Dort tauscht man sich aus, über Fehlermeldungen, Sicherheitsmängel und Versäumnisfallen, die der BGH schon vorausahnt.

Die ReFa sorgt sich um Post und Fristen – und um beA

Man muss nun feststellen, dass man auch für beA eine ausgebildete, zuverlässige, geschulte und geübte Rechtsanwaltsfachangestellte oder sogar eine Rechtsfachwirtin braucht oder sich zumindest eine wünscht. Und das ist richtig, denn selbst ein simples Postfach ist ein Stück Kanzleiorganisation. Und Kanzleiorganisation lernt nun einmal die Rechtsanwaltsfachangestellte in ihrer Ausbildung. Der Rechtsanwalt hat sich mit dem Tag seiner Zulassung mit diesen Themen noch nicht auseinandergesetzt. Der zukünftige Anwalt studiert Jura und wird auf das Richteramt vorbereitet. Kanzleiorganisation, Fristenberechnung, Aktenanlage, Kosten- und Gebührenrecht, Mandatsverwaltung, Mahnverfahren und Zwangsvollstreckung sind da nicht vorgesehen. Bei der Rechtsanwaltsfachangestellten sind all diese Aufgaben Teil der Ausbildungsverordnung. Und bei den ReFa-typischen Aufgaben wird übrigens täglich Post verschickt und empfangen. Genau genommen ist das klassische Kanzleipostfach Anfang und Ende der Kanzleiorganisation. Nicht zu verwechseln mit beA, da geht es um die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Vielleicht fragen Sie sich gerade, was die ReFa denn noch zu tun hat, wenn sie unter Einsatz eines elektronischen Postfachs nicht einmal mehr die Briefumschläge aufschlitzen oder frankieren muss? Die Bearbeitung der Eingangs- und Ausgangspost wird übrigens nur von denen belächelt, die nicht wissen, was ein Fristversäumnis für den Rechtsanwalt bedeutet. Die sorgfältige und sachkundige Postbearbeitung ist die Grundlage der Fristenerfassung.

Da sitzt die Achillesferse der Kanzlei. Im besten Fall sitzt an der Stelle eine zuverlässige und geschulte Fachkraft – so ist es im anwaltlichen Berufsrecht vorgeschrieben. Der BGH weiß das und spricht gern von Organisationsverschulden. Die ausgebildete Rechtsanwaltsfachangestellte weiß, wie man die Wiedereinsetzung der Frist beantragt. Das ist übrigens auch der Grund, warum nun sogar internationale Wirtschaftskanzleien wieder eine ReFa suchen. Die sollte möglichst eine Fristen-ReFa sein, die für alle Partner der Kanzlei die Fristen berechnet, erfasst, kontrolliert und sachgemäß streicht. Die Zahl der Prozesse und Verfahren im beratungsintensiven Wirtschaftsrecht wächst zusehends. In den Großkanzleien werden Abteilungen mit klangvollen Namen wie „litigation dispute resolution & risk management“ aufgebaut und da sollte nun eine ReFa auch die Post aufmachen und irgendwann beA benutzen.

Die qualifizierte Rechtsanwaltsfachangestellte oder Rechtsfachwirtin sorgt für Rechtssicherheit in der Kanzleiorganisation

Die Postbearbeitung und das Fristenwesen unterliegt als Teil der Kanzleiführung dem Anwalt und ist mit dem anwaltlichen Berufsrecht in der BRAO und BORA geregelt.  Da das anwaltliche Berufsrecht nicht Teil der Pflichtausbildung des Anwalts ist, lernt auch hier die ReFa das in ihrer Ausbildung. Die Pflichten des Rechtsanwalts in Bezug auf die Organisation seiner Kanzlei werden zu einem großen Teil von der Rechtsanwaltsfachangestellten umgesetzt. Gerade in ihrer Funktion als Bürovorsteherin und mit der Qualifikation als Rechtsfachwirtin organisiert sie die Kanzlei, sie definiert die Ablauforganisation und sorgt im Tagesgeschäft für die Rechtssicherheit in der externen Kommunikation mit Gerichten und Mandanten, dies beginnt mit dem Datenschutz und der Kollisionsprüfung. Die ReFa hat das in ihrer dreijährigen dualen Ausbildung als Rechtsanwaltsfachangestellte gelernt. Sie hat das mit hämmernder Wiederholung eingeübt und nicht nur für die Prüfung vor der Rechtsanwaltskammer, sondern für die tägliche Anwendung in der Kanzlei. Und so fällt ihr nun auch beA in den Schoss. Der Rechtsanwalt darf im Rahmen seiner Kanzleiführung Aufgaben an die geschulte, geübte und zuverlässige Rechtsanwaltsfachangestellte delegieren – und das macht er doch prompt. Hoffentlich nicht über das erlaubte Maß hinaus. Das ist nämlich bei beA eine Sache der Haftung. Aber der Anwalt vertraut ja seiner ReFa und da darf sie auch mal das mit den beA-Karten, den Zugriffsrechten und mit den Signaturen regeln.

Wer bedient eigentlich die Kanzleisoftware?

Aber zurück zur Digitalisierung. Die Anbieter von Kanzleisoftware und vor allem die LegalTech Vertreter sind ja oft von der Vorstellung beseelt, dass die ReNo (sie wird leider als Sammelbegriff für alle Kanzleimitarbeiter angesehen) wegdigitalisiert wird. Damit erwecken sie bei den Kanzleieignern und Kanzleimanagern, die händeringend eine ReNo suchen, ja durchaus eine gewisse Hoffnung. Dann wäre dieses Problem des Mangels ja irgendwann gelöst.

Ich frage mich allerdings, was oder besser gesagt,  wer denn diese Digitalisierung ist, die ganz alleine in der Kanzlei die Post bearbeitet, die Fristen einträgt, die Kostennoten erstellt, die Zwangsvollstreckung einleitet, mit dem Gericht und dem Mandanten kommuniziert, ans Telefon geht und dem Anwalt zeigt, in welcher Cloud gerade die Klageschrift im Fall Müller/Maier rumflattert.

Weggelaufen statt wegdigitalisiert

Aktuell zeigt sich leider eine gegenseitige Entwicklung, keine Spur von wegdigitalisiert eher von weggelaufen. Es gibt erfahrene Rechtsanwaltsfachangestellte und qualifizierte Rechtsfachwirte, die ihre Kanzlei aufgrund der mangelhaften und zeitraubenden Kanzleisoftware verlassen. Dass man wegen seinem Anwalt geht oder mit der Kollegin nicht klarkommt, das kannte ich ja schon, aber wegen der Kanzleisoftware? Ja, die Bewerber fragen heute ganz genau nach, welche Kanzleisoftware der potentielle Arbeitgeber installiert hat. Bei näherem Nachfragen hat sich gezeigt, dass nur in wenigen Fällen das installierte Produkt als gänzlich ungeeignet eingestuft wird. Das Problem liegt eher darin, dass in Kanzleien teilweise Sparlösungen installiert werden, Module aus Kostengründen sogar abbestellt werden, dass bei Kanzleifusionen Systeme nicht zusammengefügt werden. Dann soll ReFa mal gucken, wie sie die mitgebrachten Akten und Mandate in das System der neuen Kanzlei bekommt – neben dem Tagesgeschäft versteht sich und bitte ohne Fristversäumnis.

Verrückt, da lassen sich die zahlreichen Anbieter von Kanzleisoftware – von RA-Micro, Advocart, Advolux, Advoware, Annotext, DATEV, Lawfirm, bis STP (um hier nur einige zu nennen) nun ganz moderne Sachen einfallen, installieren alle möglichen Suchfunktionen und integrieren Schnittstellen und dann werden diese Module und Tools aus Kostengründen abbestellt oder gar nicht erst in Erwägung gezogen.  Man hat vielfach auch Angst, dass man mit jedem neuen Baustein die Kanzleimitarbeiter schulen muss, denn das gibt es bekanntlich ja auch nicht umsonst. Die Weiterbildung der ReNo soll nichts kosten und wenn doch, dann sollte sie mal schön selbst bezahlen. Nicht, dass sie noch kündigt, wenn sie schlau geworden ist. Es ist übrigens leider nicht selbstverständlich, dass die Kanzleieigner die Kosten für die Teilnahme ihrer Rechtsfachwirtin oder Notarfachwirtin am Rechtsfachwirttag übernehmen.

Digitalisierung kostet Geld und ReNo Gehälter steigen

Ja, Digitalisierung kostet Geld. Da ist eine geübte ReNo im Zweifel sogar noch billiger. Leider ist das ein Trugschluss bei der aktuellen Marktentwicklung. Die Hinwendung zum Bewerbermarkt und der Nachwuchsmangel bei den ReNoPat-Berufen kommt einigen Arbeitgebern im Kanzleimarkt schon heute sehr teuer zu stehen. Wenn heute eine Fachkraft im Kanzleibereich kündigt, sei es nun eine Rechtsanwaltsfachangestellte, eine Notarfachangestellte, eine Patentanwaltsfachangestellte oder eine klassische Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte, dann zahlt man bei einer Neueinstellung definitiv drauf, unabhängig von den Kosten für Zeitarbeitskräfte, Stellenanzeigen, Vermittlungsgebühren und Provisionen für Headhunter und Einarbeitungszeit. Dazu kommt, dass die Neue meist nicht besser oder sogar wesentlich schlechter ausgebildet ist als die, die man verloren hat. Wie will man beurteilen, was die neue Mitarbeiterin kann? Kann die Neue die Fristen berechnen, im Zweifel plädiert der BGH auf Organisationsverschulden. Was kostet eine Fehlbesetzung? In jedem Fall weniger als ein Fristversäumnis. Das klingt hart, ist es auch. Ca. 40 % alles Haftungsfälle im Anwaltsbereich wurden durch Fristversäumnisse verursacht. Das wird übrigens nicht besser, wenn beA am Start ist, es wird nur anders. Der BGH weiß auch dies und ist schon vorbereitet.

Jeder Anwalt, Kanzleieigner und Kanzleimanager sollte sich fragen, wer denn die digitalen Produkte in der Kanzlei nutzt, bedient und damit tagtäglich klarkommen muss. Wenn die Partnerrunde über die neue Softwarelösung mit den Softwarenanbietern verhandelt, sollte die Rechtsfachwirtin oder Rechtsanwaltsfachangestellte einbezogen und gefragt werden. Am besten, man fragt sie nicht nur, sondern hört sie auch an. Wenn im digitalen Zeitalter teuer bezahlte Fachkräfte Adressaufkleber mit der Hand beschriften, nachdem sie die Adresse mit ihrem privaten Smartphone gegoogelt haben, läuft etwas in die falsche Richtung und wird am Ende teuer.

Im Dezember 2018, kurz vor Nikolaus, treffen sich die LegalTech-Vertreter und Software-Anbieter des Kanzleimarktes zum LEGAL®EVOLUTION Expo & Congress 2018 in Darmstadt. Das Programm verspricht eine große Bandbreite an Themen und man gibt sich mit englischsprachigen Beiträgen sehr international. Vielleicht ist das ein Grund, warum die ReNo im Programm wieder einmal nicht vorkommt. Die Englischkenntnisse der Kanzleimitarbeiter lassen ja meist zu wünschen übrig. Ja egal der Anwalt, so eine ReNo wird nun auch nicht den Rechtsmarkt revolutionieren, nicht mit Blockchain arbeiten und nicht den Workflow optimieren. Sie macht eben einfach nur ihren Job und sorgt für den fristgerechten Posteingang bei Gericht.

Dabei fällt mir auf, in dem Programm zum Legal®Evolution Congress ist auch nicht von beA die Rede. Ich vermute, die Firma Atos wird auch nicht als Aussteller unter den Softwareanbietern auf dieser Expo weilen. Schade eigentlich, es gäbe bestimmt viele Fragen der anwesenden Rechtsanwälte. Denn egal, ob man die Digitalisierung und LegalTech begrüßt oder ablehnt, beA trifft jeden der 163.000 Anwälte in Deutschland.

DGSVO – jetzt kommt der Daten-Ernst

DGSVO jetzt kommt der Daten-Ernst

Nach beA – jetzt kommt der Daten-Ernst. Während beA nach ihrem schnellen Ableben nun auf dem Obduktionstisch der BRAK liegt und die Secunet AG ihre inneren Organe untersucht, droht auch schon das nächste unbekannte Wesen in unsere Organisationsstruktur einzudringen – die DSGVO. Doch noch bevor man sich mit der Europäischen Datenschutzgrundverordnung näher bekannt gemacht hat, hat man sich erst einmal um ihre Schreibweise gestritten: ob diese europaweit verbindliche Verordnung zum Schutz personenbezogener Daten in Deutschland nun DS-GVO oder DSGVO oder EU-DSGVO heißt, konnte nicht eindeutig geklärt werden und so findet man alle Schreibweisen. Mir persönlich wäre ja ein klangvoller Mädchenname wie Bea viel lieber gewesen, zum Beispiel Daten-Lissi, aber ich befürchte, die DSGVO ist eher so etwas wie der Daten-Ernst. Eins haben beide gemeinsam, sie wurden lange und mit viel Spektakel angekündigt. Der Unterschied ist, beA ist vor ihrem großen Auftritt schon eingeschlafen, Daten-Ernst ist schon lange da (seit 2016), aber es interessiert keinen so richtig. Dabei ist die Frist für seinen Empfang in Deutschland bereits am 25.Mai 2018 abgelaufen. Wenn Sie meinen, es gibt doch seit Jahresbeginn kein anderes Thema als die DSGVO, dann sind sie zu viel in den Medien unterwegs. Gerade die juristische Informationswelt explodiert nahezu vor Artikeln, Berichten, Nachrichten und vor allem vor unzähligen Webinaren zur DSGVO. Zu Recht, Datenschutz ist ja schließlich ein Beratungsthema. Hier wird, meist gleichlaufend mit dem Hinweis auf schmerzhafte Strafen, auf die Notwendigkeit einer wasserdichten Datenschutzerklärung hingewiesen.

Datenschutz ist mehr als eine Erklärung

Aber wendet man den Blick in die Praxis, fragt man in einem Unternehmen, einer Kanzlei oder auch gern in einer Personalberatung nach, wie denn die DSGVO dort umgesetzt wird und welche Neuerungen des Bundesdatenschutzgesetzes denn nun auf das entsprechende Geschäftsfeld wirken, erntet man entweder einen erstaunten Blick oder ein etwas mitleidiges Lächeln. Am besten gefällt mir die Antwort: „Darum kümmert sich unsere IT-Abteilung, die stellen das dann auch gleich auf die Website.“ oder auch „Wir haben einen Datenschutzbeauftragten, der kann das gleich mal neu schreiben.“ Am allerbesten aber ist die Antwort: „Ach, das ist wie mit beA – das kommt und geht, in einem halben Jahr denkt da eh keiner mehr dran.“ Der Unterschied ist nur, dass beA den Anwalt von Beginn an einfach nur genervt hat, sie nun tatsächlich verschwunden ist und Anwalt ihr keine Träne nachweint. Die DSGVO kann aber rein juristisch gesehen viel Spaß machen und durchaus lukrativ sein. Schließlich ist die Geschäftstätigkeit der potentiellen Mandanten und anderer dank Internet eine ziemlich transparente Sache und die Datenschutzerklärung muss öffentlich sichtbar und frei zugänglich sein. Gut, dass es da immer einen Anwalt gibt, der einen helfen kann. Und so manchen sich nun 14 Tage vor Fristablauf alle Gedanken, was sie dann in diese Datenschutzerklärung schreiben. Das Problem beim Umgang mit personenbezogenen Daten ist aber nicht der Text, der in einer Datenschutzerklärung formuliert wird und dann auf der Website irgendwo unten in der Fußzeile als Dokument hinterlegt wird. Das Problem am Datenschutz ist die Überlegung, dass ich als Verantwortlicher mit den Daten dieser Person genauso sorgsam, vertraulich, verbindlich und zuverlässig umgehe, wie mit dieser Person selbst. Die Daten gehören zu einem Menschen und ich behandle seine Daten so, wie ich seine Person behandle.

Ich weiß was von Sabine

Eigentlich beginnt der Datenschutz bei der Frage, wie gehe ich mit Informationen von oder über eine andere Person um. Ich war neulich zu einer ambulanten OP in einer Klinik. Während der Vorbereitung zur Narkose habe ich erfahren welche Medikamente Frau Krause nimmt, dass sie nicht von ihrem Mann abholt wird, weil sie wohl in Scheidung lebt, dass Schwester Monika 40 Überstunden hat und sich übrigens auch woanders bewirbt, dass die Praktikantin sich dusselig anstellt und man froh ist, wenn sie geht. Ich weiß nun, dass Sabine an den Feiertagen immer frei bekommt und dass der Arzt zu Ostern an die Nordsee fährt. Ich habe auch noch gehört, was man sich über Sabine sonst noch so erzählt, aber das sind nun wirklich ganz persönliche Angelegenheiten.

Datenschutz ist eine Aufgabe der Organisation

Datenschutz ist in erster Linie eine Sache der Wertschätzung und des Respekts, Datenschutz ist eine Sache der inneren Einstellung des Verantwortlichen. Der Verantwortliche ist jeder, der mit diesen Daten in einem Unternehmen, einer Organisation, auf einer Online-Plattform oder auch in einem privaten Blog zu tun bekommt und nicht etwa der Datenschutzbeauftragte. Datenschutz ist auch keine Sache, die man einfach aufschreibt, sondern eine tiefgreifende Überlegung, welche Arbeitsschritte in meinem Unternehmen mit welchen Personen und Daten ablaufen. Die DSGVO ist eigentlich eine große Chance, sich wieder intensiv mit seiner Organisationsstruktur, mit seinen Arbeitsprozessen und seinen internen und externen Schnittstellen und Verantwortlichkeiten im Unternehmen auseinanderzusetzen. Aber genau das war ja auch bei beA so lästig. Wer hat welche Zugriffsrechte, wer darf senden und/oder empfangen und was passiert, wenn die ReNo kündigt? Aber dieser Spuk ist ja nun erst einmal vorbei.

Die Umsetzung macht noch manchen ratlos

Die DSGVO wird stets im Zusammenhang mit der Digitalisierung gesehen. Ohne Zweifel sind die fortschreitende Technisierung und digitale Verarbeitung von personenbezogenen Daten untrennbar miteinander verbunden, aber gerade deshalb sollte jedem bewusst sein, dass es letztlich immer noch um Personen, ja um Menschen geht. Gerade in Branchen und Geschäftsfeldern, die ihre Dienstleitung und Beratung an einzelne Personen richten, dazu zählen der Arzt ebenso wie der Anwalt und auch der Personalberater, sollte man dies immer sehr ernst nehmen und auch bei der Umsetzung der DSGVO berücksichtigen. Dennoch ist die DSGVO unbeliebt, aber in Zeiten der Sichtbarkeit unseres Tuns und Handelns muss man sich dieser Aufgabe wohl oder übel stellen und zumindest auf der Website öffentlich kundtun, ob und wie man Daten sammelt, erhebt, speichert, nutzt, weitergibt und löscht. Zu diesem Zweck gibt es natürlich schon wieder zahlreiche Anbieter von kostenlosen Generatoren und kostenpflichtigen Angeboten zur Erstellung einer Datenschutzerklärung. Wer ganz sichergehen will, geht natürlich zum Anwalt, nur er darf bekanntlich einen Rechtsrat geben. Aber muss man das wirklich? Kann man nicht davon ausgehen, dass die Datenschutzerklärung ohnehin keiner liest, ist das nicht so wie mit diesen AGBs oder Nutzungsbedingungen? Klick- Häkchen – einverstanden – fertig.

Von wegen einfach und verständlich

Die DSGVO sieht vor, dass die Datenschutzerklärung einfach und für jeden verständlich zu formulieren ist, anwaltsdeutsch zählt nicht unbedingt zur Sprachkompetenz eines jeden Verbrauchers. Auch eine Datenschutzerklärung um Umfang von 42 Seiten, wie sie Stepstone seinen Nutzern zusätzlich zu den 31 Seiten der Nutzungsbedingungen offeriert, ist nicht leicht zu lesen und noch weniger zu verstehen. Aber dieser Generalist der Stellenportale hat natürlich einen riesigen Vorteil. Wer von den zigtausenden Menschen, die einen neuen Job suchen, verschwendet seine Zeit mit dem Lesen einer Datenschutzvereinbarung? Außerdem wer ist Stepstone, man kennt doch keinen der ca. 600 Mitarbeiter in Deutschland persönlich, was sollten die mit den persönlichen Daten schon anfangen?

Nehmen Sie Ihre Daten ernst

Stepstone plant übrigens ab 2018 ein Psychometrie-Tool in seine Stellenanzeigen zu integrieren, wonach ein Algorithmus misst, inwieweit Werte und Einstellungen zwischen der Kultur des Unternehmens und der Persönlichkeit des Bewerbers zusammenpassen, das steht dann sicher irgendwo in diesen über 40 Seiten der aktualisierten Datenschutzerklärung, dafür braucht man nämlich explizit die Einwilligung der betroffenen Person. Na, was soll´s immer noch besser, die messen den Cultur-fit selbst, bevor sie sich die Daten von Parship holen. Alle 11 Sekunden verliert ein Jobsuchender seine Daten im Internet. Vielleicht sind es auch viel mehr,  also nehmen Sie Ihre Daten ernst.

In eigener Sache

Aus aktuellem Anlass wird auch LegalProfession® ihre Datenschutzerklärung überprüfen und an die DSGVO und an die neue BDSV anpassen. Als Recruiter, Personalberaterin, persolog® Trainerin und Coach sehe ich dies als meine persönliche Verantwortung, als besondere Herausforderung, aber auch als Chance. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um in einfacher und transparenter Form zu erklären, wie LegalProfession® mit den Daten und Informationen umgeht, die die betroffene Person im Zusammenhang mit ihrer Bewerbung, im Zuge der Personalvermittlung, dem Bewerbungstraining oder einem Coaching LegalProfession® zur Verfügung stellt. Jede eingehende Bewerbung sehe ich als Vertrauensvorschuss, den ich mit meiner professionellen und verantwortungsvollen Arbeit rechtfertigen möchte. An dieser Stelle richte ich gern meinen Dank an alle, die mir seit mehr als 12 Jahren ihr Vertrauen schenken. Ich sehe mich auch gern zukünftig in meinem ganz speziellen Beratungsfeld und im Umfeld der juristischen Professionen als Ihre langjährige Begleiterin in jeglichen beruflichen Veränderungssituationen.

+++BEA ist tot+++Maschinen werden abgeschaltet+++

Anwaltsassistenz Corporate

Die alarmierende und ebenso traurige Nachricht erreichte uns gestern nach einem #beAthon. Unsere beA ist in ihrer Kammer verstorben. Ihre Betreuer haben sich nach Erscheinen eines Golems dazu entschieden, die lebenserhaltenden Maßnahmen zu beenden und die Maschinen abzuschalten. Unsere beA ist langsam, doch fast unbemerkt und unter Ausschluss der Öffentlichkeit eingeschlafen. Bis zuletzt haben ihre Erzeuger mit Nachdruck behauptet, sie sei zu retten und eigentlich gesund. Dabei deutete bereits ihre komplizierte Geburt, es war eine Risikogeburt, schon auf ein schwächelndes Kind hin. Sie stecke zu lange im Geburtskanal und erblickte nicht ohne Nachdruck, de facto als Zangengeburt, das Licht des Anwalt§universums.

Dabei hatte sie durchaus eine üppige Ausstattung erhalten. Mehr als 160.000 Patenonkel und Patentanten sorgten schon vor der Geburt für den digitalen Nachwuchs. Obwohl es kein Wunschkind war, mussten sie ihr ja alles anvertrauen und sie zeitlebens in ihre Geschäftsgeheimnisse einweihen. Landesweit wurden Gruppen gebildet und Lehrer bemühten sich jeden sorgfältig auf sie vorzubereiten, ihm beizubringen wie er mit der sensiblen beA umzugehen habe.
Von Beginn an war beA ein Schlüsselkind. Was für ein Vertrauensvorschuss!  Sie bekam Lesegeräte und Schlüsselkarten. Die digitalen Dienstleister des Landes trafen Vorkehrungen und entwickelten Lösungen, um mit beA zu kommunizieren, aber alles umsonst. Sie hat es nicht einmal versucht.

Kurz vor Weihnachten war beA im Club. Schon der Name: Chaos Computer Club ließ nichts Gutes erahnen. Ihre Erzeuger und Betreuer wurden sofort stutzig. Das konnte ja nicht gut gehen, wenn sich so ein junges Ding mit Hackern rumtreibt und noch dazu in Darmstadt. Und siehe da, es gab Krach. Schon die Herren an der Tür meinten, beA wäre ein Sicherheitsrisiko. Markus sagte freundlich, aber nachdrücklich: beA kommt hier nicht rein. Nicht mit diesem durchsichtigen Fummel und Löchern in den Jeans. Ihre Erzeuger und Kammerdiener stellten sich schützend vor beA und drohten mit rechtlichen Konsequenzen. Aber es war zu spät, beA war nun im Visier der Datenschützer. Man hat ihr die Schlüssel weggenommen, beA wurde zum Sicherheitsrisiko. Nur ein einziger Clubbesuch und gleich so ein Desaster! Bea weinte bitterlich.

Ihre Betreuer gaben ihr einen neuen Schlüssel, der die Sache noch schlimmer machte.Ihre Paten schimpften und bereuten den Vertrauensvorschuss und vor allem das schöne Geld. Aber sie hatten es ja geahnt. Dann ging alles ganz schnell. Die Clubbetreiber wurden zu beA befragt. Es gab eine Anhörung und Stellungnahmen und tausende Tweeds mit #beA. Nun konnte das junge und unerfahrene Ding dem Druck nicht mehr standhalten. Ihre Paten wendeten sich nun in Scharen von ihr ab, einige wollten gar ihr Geld zurück. Aber das hatten ja ihre Erzeuger in ihre üppige Ausstattung gesteckt. BeA legte sich in ihre dunkle Kammer und wollte einfach nur ihre Ruhe haben. Keinen beAthon mehr, keine Kammersitzung und vor allem keine #beA. Sie bekam strenge Bettruhe und wurde kurz vor Weihnachten und vor der Bescherung ins künstliche Koma versetzt. Ihre Erzeuger haben, obwohl die Schwäche und ihre Verletzungen sichtbar waren, die Nachricht verbreitet, dass es beA wieder gut geht. Aber das war gelogen. Sie hatten ihr gar keine Medizin gegeben, sondern nur die Wunden mit Pflaster bedeckt.

Gestern, nach besagtem beAthon, wurden beAs Paten nun aufgerufen, sich von ihr zu trennen und die elektronische Verbindung zu deinstallieren. Es ist für alle das Beste, seien Sie sich dessen sicher. Aber unsere beA hat in jedem Fall ihrem Namen alle Ehre gemacht, sie war etwas ganz besonders – das besondere elektronische Anwaltspostfach.

P.S. Sie sollten ab heute an Auferstehung oder Wiedergeburt glauben. BeA ist abgeschaltet, deinstalliert und de facto gestorben. Aber die Digitalisierung lebt und wird neue Kinder in die Welt setzen. Man sollte sich vor dem nächsten Versuch allerdings die richtigen Eltern aussuchen und das Kind nicht in einer Kammer zur Welt bringen.